Eric-Emmanuel Schmitt ist wohl einer der erfolgreichsten Autoren unserer Gegenwart. Mit seiner Erzählung „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Korans“, die auch verfilmt wurde, erlangte er Weltruhm. Aber auch als einer der wichtigsten französischen Dramatiker unserer Zeit hat er sich einen Namen gemacht. In seinem Stück „Kleine Eheverbrechen“ beschreibt Schmitt mit ironischer  Hintergründigkeit und französischer Leichtigkeit Szenen einer Ehe.
Zwischen Gilles und Lisa, die seit 15 Jahren verheiratet sind, ist nichts mehr, wie es mal war. Gilles hat nämlich durch einen Unfall sein Gedächtnis verloren. Selbst nach der Rückkehr aus dem Krankenhaus weiß er nicht, ob er in seiner Wohnung ist… Ist Lisa wirklich seine Frau und wer ist er selbst?
Das Stück ist ein faszinierendes Verwirrspiel, in dem Frau und Mann einen erbitterten Schlagabtausch liefern, die Situationen immer wieder kippen und das Vergangene auf den Kopf stellen.
„Kleine Eheverbrechen“ heißt das kapriziöse Verwirrspiel allererster Güte, das heute in der Bühne 602 eine bereits restlos ausverkaufte Premiere feiern wird. Manfred Gorr hat die Vorlage des französischen Dramatikers Eric-Emmanuel Schmitt inszeniert, sich mit dem Gilles gleich selbst besetzt und Cathrin Bürger als Lisa an seine Seite geholt.
Gorr platziert Gilles und Lisa auf Distanz und setzt anfangs in den Dialogen kleine Pausen. Das treibt den Spannungsgehalt hoch. Es knistert. Kommen sich Gilles und Lisa näher, dann sprühen augenblicklich die Funken. Die Situationen kippen emotional wie Intervalle. Gilles und Lisa liefern sich einen erbitterten Schlagabtausch bis zum herrlichen Finale einer turbulenten Geschichte.
Gorr und Bürger sind faszinierend. Was beide in diesem Stück zeigen, hebt sie ganz sicher auf den Sockel anspruchsvoller Schauspielkunst. Sie sind brachial und
sentimental, verführerisch und fesselnd. Gorr ist klasse, kein Zweifel! Und selbst auf die Gefahr hin, nach der Lobhudelei zu „Mondscheintarif“ Cathrin Bürger ein zweites Mal vollzuschleimen: Diese Frau macht mit ihrer Ausstrahlung Theater zum Erlebnis. Gorr sei Dank!
ANDREAS GOLZ
Ostseezeitung
Fotos: Frank Neumann